Das soll eine Schreibweise einer Geschichte sein. Ähh… Zeitlupe schreiben? Bitte was? Also, mir wird das grade erzählt, dass das die Erzählung von einer Situation ist, die nur wenige Minuten dauert, einem aber eeeewig lange vorkommt, da Gefühle wie Angst, Aufregung und Panik hinzukommen. Die Schreibweise soll genau diese Gefühle beim Leser erzeugen, so dass dieser so richtig der Situation mitfühlen und mitfiebern kann. Ist das alles? Naja das kann ja nun nicht so schwer sein, oder?
Ein dunkler Personenwagen fuhr frontal gegen ein Motorrad, welches sich nun neigte. Es kippte, langsam, ganz langsam und der Fahrer schwebte etwas über dem Motorrad, während das Motorrad weiter kippte. Es dauerte noch eine Weile, bis das Motorrad auf der Straße lag, um dann langsam, wie von einer Geisterhand getragen, sich etwas aufzurichten und anschließend auf die andere Straßenseite zuschwebte. Der Fahrer befand sich noch immer in der Luft, aber jetzt über dem Kühler des Autos. Behutsam fiel er nun in Richtung des Kühlers. Er landete seitlich auf dem Blech, das nun immer tiefer eingedrückt wurde. Auf dem Blech rutschend bewegte er sich in Richtung Frontscheibe, erreichte sie, beulte sie ein und tausend kleine Risse bildeten sich in der Scheibe. Aber was ist das? Er erhob sich nun bis zur Höhe meines Kopfes, flog in die Richtung, aus der er gekommen war, befand sich jetzt weit vor dem Auto, schwebte dem Straßenbelag zu, erreichte ihn prallte auf und blieb gekrümmt liegen. Immer noch stand ich, völlig versteinert auf dem Mittelstreifen, als Passanten bereits zu der Frau liefen. Der Fahrer des Autos, auch völlig geschockt stand neben mir, als er leise sagte: „Ich habe alles wie in einer Zeitlupe erlebt.“
Joooaa, geht so. Ist nicht perfekt… aber es ist wohl eine Zeitlupengeschichte *kicher* natürlich fehlt das komplette drum herum,. denn laut Deutschbuch werden in dieser Kurzgeschichte besondere Stilmittel verwendet:
- eine überraschende Wende (Pointe) zum Schluss,
- dieUmgangssprache in den direkten Reden,
- eine Zeitlupenschilderung am Höhepunkt,
- eine Gegenüberstellung mit einer Schwarz-Weiß-Malerei
Wikipedia sagt dazu:
Die Zeitlupe (auch unter dem Anglizismus Slow Motion, engl. ‚langsame Bewegung‘ oder als Akronym Slomo, bekannt) ist eine in der Filmtechnik und Computersimulation angewandte Methode, die Bewegungsabläufe verlangsamt darstellt. (Zeitlupe)
Das erscheint mir nicht ganz das zu sein, was das Deutschbuch uns hier weismachen will, also habe ich weiter geforscht und bin auf den sogenannten Sekundenstil aus der Literatur gestoßen. Darüber weiß Wikipedia ähnliches zu erzählen, wie das, was das Deutschbuch da erzählt.
Sekundenstil ist die Bezeichnung für eine in der epischen Dichtung des Naturalismus erstmals entwickelte Technik, deren Ziel die volle Deckungsgleichheit von Erzählzeit und erzählter Zeit war.
In erzählender Weise werden kleinste Bewegungen, Geräusche und optische Eindrücke zeitgetreu (sekundenweise) dargestellt. Jedes noch so banale Detail wird geradezu protokollarisch festgehalten, um beispielsweise dem natürlichen Sprechen möglichst nahe zukommen: Stottern, Stammeln, Dialekt, Ausrufe, unvollständige Sätze, Atempausen, Nebengeräusche… So entsteht eine starke Annäherung zwischen der äußeren und der inneren Wirklichkeit und das Erzählte wirkt unmittelbarer und authentischer. Der Sekundenstil ist somit ein Schreibstil, der eine filmisch-dokumentarische Atmosphäre erzeugt und sich z. B. für die Darstellung eines Milieus besonders eignet. (Sekundenstil)
Ahhh, jaaa genau das war gemeint und gesucht. Warum machen dann die Österreicher in ihrem Deutschbuch aus dem Sekundenstil die Zeitlupe, wo das eine doch eine Filmtechnik und das andere die Schreibweise ist. Ganz eindeutig verwirrend. Oder aber ich bin nur verwirrt, was auch nichts neues wäre. Na, jedenfalls hätten wir das also jetzt aufgeklärt. Sekundenstil hätte mir mehr gesagt, als die bloße Aussage von Max „Wir müssen ’nen Text in Zeitlupe schreiben.“. Ähhh ok, also gaaaaaaaaaaanz langsam Buchstabe für Buchstabe schreiben? *kicher*
Jedenfalls bin ich jetzt deutlich schlauer als zuvor. Ihr auch? Na hoffentlich.